Propaganda
Die drei Säulen der US-Kriegsstrategie
vom 23.03.2003
Neben Bomben und Bodentruppen gehört auch die Propaganda als dritte Säule zur erfolgreichen US-Strategie für den Irak-Krieg. Jüngstes Erfolgsbeispiel: Die Aufgabe der 51. irakischen Division.
Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sieht keinen Grund für Bescheidenheit. Das irakische Regime verliere bereits die Kontrolle über das Land und alles laufe nach Plan, verkündete der Minister am Freitagabend mit einem grimmigen Lächeln. Die berichteten schnellen Vorstöße der amerikanischen und britischen Truppen haben in den USA auch die meisten Experten überrascht, zumal eine ganz andere Strategie erwartet worden war.
Überraschende Taktik
Dass die amerikanischen Bodentruppen in den Irak einmarschieren könnten, noch bevor das irakische Militär mit intensiven Bombenangriffen «mürbe» gemacht wurde, hatte kaum jemand erwartet. Doch die kurzfristig veränderte Strategie schien sich am Samstag auszuzahlen. Die Panzerverbände rückten im Südirak mit überraschender Geschwindigkeit vor, drangen - nach offiziell nicht bestätigten Fernsehberichten - in die wichtige Hafenstadt Basra ein und sicherten demnach die Ölquellen, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Der Militärexperte Robert Killebrew staunte: «Das ist entweder eine äußerst riskante oder eine äußerst brillante Strategie.»
Verheerende Schäden durch Bombardierung
Nur wenige Stunden nach Beginn der Bodenoffensive begann dann die massive Bombardierung Bagdads. Während die ersten begrenzten Attacken am frühen Donnerstag nur einem Bunkerkomplex galten, in dem Präsident Saddam Hussein vermutet wurde, sollten die später folgenden eigentlichen Luftangriffe das irakische Regime in seinen Grundfesten erschüttern. Über 1.300 Marschflugkörper und Bomben richteten in Bagdad und im übrigen Irak verheerende Schäden an. In Bagdad gingen Regierungspaläste, Ministerien und wichtige Kommunikationseinrichtungen in Flammen auf.
Kommunikation mit Truppen erschwert
Nach amerikanischer Einschätzung wurde vor allem ein wichtiges Ziel erreicht: Die Konfusion der irakischen Militärs werde größer, da sie immer weniger erkennen könnten, was an den Fronten geschehe und sie immer weniger mit ihren Truppen kommunizieren könnten, erklärte Rumsfeld. Die massive Bombardierung Bagdads erreichte aber auch ein anderes Ziel. Die irakische Luftabwehr wurde so geschwächt, dass sich die US-Luftwaffe am Samstag erstmals sicher genug fühlte, die Hauptstadt nicht nur im Schutz der Dunkelheit sondern auch bei Tageslicht zu bombardieren.
Anleitung zur Kapitulation
Parallel zur breit angelegten Bodenoffensive und der «Angst und Schrecken»-Bombenkampagne setzt das amerikanische Militär zusätzlich auf eine massive multimediale Überzeugungskampagne, um das irakische Militär zur Aufgabe zu bewegen. Allein von Freitag auf Samstag wurden zwei Millionen Flugblätter mit Anleitungen zur Kapitulation abgeworfen. Zugleich überflogen als fliegende Radiostationen umgebaute Hercules-Maschinen die irakischen Truppenverbände und strahlten Sendungen über die Verschwendungssucht der Saddam-Söhne Udai und Kusai aus.
Militärs am Handy angerufen
Ganz gezielt wurden einflußreiche Kommandeure sowie Führungsmitglieder der Regierungspartei mit einer Handy-Kampagne zur Aufgabe gedrängt. Immer wieder erhielten Sie auf ihren Telefonen Anrufe sowohl von Mitarbeitern des US-Militärs als auch von im Ausland lebenden Verwandten, die sie aufforderten, ihr Leben nicht für ein sterbendes Regime zu opfern. Die - von Bagdad allerdings bestrittene - Kapitulation der 51. irakischen Infanteriedivision mit 8.000 Mann wurde von den so genannten «Psy-ops», die für die Propaganda zuständig sind, als ihr Werk gefeiert.
Vorfreude wäre verfrüht
Doch auch wenn das amerikanische Militär seine Zufriedenheit angesichts des Kriegsgeschehens nicht verbergen kann, rät Generalstabschef Richard Myers zur Vorsicht. Zwar marschierten die Bodentruppen auf Bagdad zu, aber es gebe noch viele Unwägbarkeiten vor einem Einmarsch in die irakische Hauptstadt.
aus dem Stern 2003, Die drei Säulen der US-Kriegsstrategie
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